22. Mai 2020
Ein Duo, das getrennt ist, ist wie ein Ei ohne Gelb, eine Hose ohne Knopf oder ein Schaum ohne Bad. Deswegen schreiben Zieher & Leeb jetzt Briefe. Einander. Also nicht wirklich Briefe, also Posts (oder wie das jetzt heißt) auf Facebook. Alle CovBriefe könnt ihr hier mitlesen: www.zieherundleeb.com
www.facebook.com/zieherleeb/
Die CovBriefe 11 – 20 sind hier zum Nachlesen.
CovBrief11
Liebe Leeb,
das mit dem Aufsichtsratsposten in der Glücksspielindustrie ist ein netter Versuch, meine Korrumpierbereitschaft auszutesten. Aber, nein, danke, sicher, nicht. (Daumen hoch!) Ich vertrau da lieber auf meine Fähigkeiten. Was ich besonders gut kann? Sekt trinken. Das habe ich auf den vielen Premierenfeiern super gelernt. Deswegen kommt es mir auch sehr entgegen, dass die Regierung jetzt die Schaumweinsteuer verschwinden lässt, damit verschwinden augenblicklich viele meiner Probleme. Ich mag solche Fragen ja sehr gern in Bewerbungsgesprächen. Meine liebste Bewerbungsfrage: Wo sehen sie sich in 5 Jahren? Die würde ich jetzt auch gerne gestellt bekommen und dann würde ich sie einfach an die Frau Staatssekretärin Lunacek weiter leiten. Die hat da sicher einen Plan, wie die Zukunft aussieht, aber wie bei allen guten Plänen, ist der noch geheim und wird frühestens in 5 Jahren gelüftet. Ich lüfte jetzt mal die Betten, denn das ist mir als Frau im Moment realistisches Betätigungsfeld genug, man kriegt ja so viel zurück von der Gesellschaft. Und du, wie befriedigst du grad dein überbordendes Anerkennungsbedürfnis?
Gruß, Zieher
CovBrief 12
Hallo Zieher!
Das mit der Anerkennung ist ja momentan so eine Sache. Meine Familie findet mich ja nun wirklich nicht mehr lustig und Online lustig sein ist eine Gradwanderung. Also werde ich mir das mit der Anerkennung derweilen für 2022 aufheben und bis dahin die Aufarbeitung der Causa Ibiza komplett mitverfolgen. Darauf freu ich mich schon, denn dann werden wir alle erkennen, dass er niemals hätte zurücktreten dürfen weil warum, wenn eh nix war und ist es nicht super, dass alle wissen, wie gut der Joschi Russisch kann.
Ich kann ja leider nicht Russisch, esse aber auch nicht gerne Kaviar.
Ebenso mag ich Mandarinen nicht, was fast gemein ist, denn die Mandarine ist wohl das herzigste Obst von allen.
Ernährst du dich auch grad gesund oder bäckst du Brot so wie alle ordentlichen Menschen da draußen? Ich mach ja sehr gerne und erfolgreich Maki. Da sind auch keine Mandarinen drin.
CovBrief 13
Liebe Leeb,
deine abgebildete Kochkunst hat bei mir einen sehr nachhaltigen Gedanken ausgelöst: Danke, ich habe schon gegessen! Auch so kann man zum Abnehmen anspornen. Du solltest dir das patentieren lassen, wäre eine sichere Einkommensquelle. Ich komme zur Zeit wenig zum Kochen, weil ich gerade an einem Beflaggungsset arbeite. Ich habe mich von unserem Bundeskanzler inspirieren lassen und auch ich möchte bei meiner nächsten Ausreise in die Bundesländer, dass der Weg mit Fahnen geschmückt ist. Es hat mich tief berührt, wieviel ungefilterte Liebe ihm im Kleinwalsertal entgegen getropft ist und mit wieviel ungehemmter Nähe und Fröhlichkeit man ihn bedrängt hat. Ich überlege nun doch umzusatteln, denn Bundeskanzlerin kann ich mir als Beruf sehr gut vorstellen. Dieses Auftreten, das wir in den letzten Jahren praktiziert haben, war ja doch eher eine Freizeitbeschäftigung als eine vernunftbasierte Einkommensquelle. Und mit etwas mehr Repräsentationsbudget könnte man auch mich zu einer anbetungswürdigen Politikerin umstylen. Das Repräsentationsset werde ich dann ganz uneigennützig über ein Online-Webinar weiter verkaufen. Man muss einfach schauen – nach vorne und wo man bleibt.
Es grüßt dich die höchstwahrscheinlich künftige Bundeskanzlerin, Zieher
CovBrief 14
Hallo Zieher!
Zieher als Bundeskanzlerin. Ja! Mach das! Ich steh hinter dir!
Vielleicht wunderst du dich, dass ich dir in einer Sache sofort Recht gebe. Aber in der momentanen Lage bist du die ideale Kandidatin.
Hier deine Vorteile:
Du hast lockiges, langes Haar. Das ist als Frau sehr wichtig.
Du bist sehr gescheit, kannst es aber sehr gut verstecken, wenn es die Situation erfordert.
Du bist ein Landei in der Stadt. Das ist für alle eingeborenen Wienerinnen und Wiener putzig, für die Nicht-WienerInnen beruhigend.
Du bist verheiratet, das hebt deinen Glaubwürdigkeitsfaktor als weibliche Person.
Und! Du willst es. Du willst es!
Österreich braucht dich!
Jetzt heißt es: Partei gründen, MitarbeiterInnen suchen und große Töne spucken.
Go Zieher!
P.S. Der Parteiname kann ruhig unnötig kompliziert sein. Das hat man jetzt so. Zum Beispiel:
„Liste Zieher für ein kuschelweiches Österreich“ oder
„Team Zieher. Wir für euch. Also für alle, ok?“
oder mein Liebling:
„Zieher Anita. Besser als Zieher Monika“
CovBrief 15
Hallo Leeb,
manchmal glaube ich, diese lange Isolation tut dir wirklich gut, denn in den 17 (!) Jahren, seit wir uns kennen, hast du mir bisher erst 1 Mal (!) Recht gegeben (bei der Wahl meines Ehemanns). Und jetzt auf einmal wieder! Da bin ich doch sehr gerührt. An dieser Stelle möchte ich mich gleich überschwenglichst (Superlativ!) bei meinen Likerinnen und Likern bedanken. Es rührt mich, dass es schon 657.893 positive Reaktionen auf die Ankündigung meiner bevorstehenden Kanzlerschaft gegeben hat. Diese Zahl hat die Statistik Austria direkt an mich übermittelt, noch ehe die Zahlen nun an die Öffentlichkeit gehen dürfen. Ich wusste ja nicht, dass ich derart beliebt bin. Oder ist womöglich die Huldigungsmasse für unseren Kanzler gar nicht so groß wie es bisher den Anschein hatte? Jedenfalls bin ich mehr denn je entschlossen, die politische Bühne zu betreten. Schließlich: Bühne ist Bühne. Auftritte in abstandskonformen ¾ leeren Theatern liegen mir ohnehin nicht so. Meine Amtstauglichkeit habe ich mit aufschlussreicher Gestik und gut manikürten Nägeln bereits unter Beweis gestellt. Der Parteiname ist mir wurscht, Hauptsache er zieht (!). Ich habe auch schon ein Programm, das gleichzeitig mein Wahlslogan werden wird: „Mehr! Oder weniger.“ Zu viel Inhalt jedenfalls nicht, denn das verwirrt die Leute nur. Außerdem möchte ich lieber aufgrund meiner Persönlichkeit gewählt werden als wegen des Programms. Letzteres möchte ich lieber als Improvisationsshow anlegen. Ist nicht das ganze Leben eine groß angelegte Improvisationsshow?
Es grüßt dich, Zieher
CovBrief 16
Ok. Es geht los. Bin gerade in deinem Keller und schredder (schreddere?) alle Dokumente, die dich belasten könnten. Bin fast fertig und möchte hiermit nochmal unterstreichen, wie gerne und gerne auch unterbezahlt, ich für dich arbeiten möchte. Also €9000.- plus Mietkostenzuschuss reichen mir gut aus, ich möchte aber gerne alle Thinktanks in Österreich übernehmen, ebenso die Wirtschaftskammer und weißt du was, die Arbeiterkammer gleich dazu. Ich kann dir so wirklich gut den Rücken freihalten.
Dringende zu klärende Fragen:
Möchtest du als Bundeskanzlerin eine Jagd?
Möchtest du als Ausgleich dazu gleich einen großen Scheck für Vier Pfoten öffentlich überreichen? (Oder zufällig bei einem Arbeitstreffen, bei dem unabsichtlich Menschen mit Fähnchen auftauchen?)
Möchtest du, dass meine Hintermänner und Frauen die Krone kaufen?
Welche Ministerien sind dir wichtig, welche stampfen wir gleich ein?!
Da wir beide als Frauen schon dabei sind, pfeifen wir bitte auf jegliche Frauenquote, das ist so kleingeistig und im Grunde lächerlich, oder?
Wer soll den ORF übernehmen?
Sollen wir den Ibiza-Urlaub für heuer doch absagen?
Darf ich bitte bei der ersten Almwanderung hinten als Schlusslicht gehen und deinen Heiligenschein tragen? Und eine Monstranz? Und eine Tracht?
Du merkst es auch, oder? I‘m on fire!
Deine Leeb
CovBrief 17
Teure Leeb,
offensichtlich hast du in deinem Eifer in meinem Keller auch den nagelneuen Plasmabildschirm geschreddert. Vielen Dank auch. Aber zum Fernsehen werde ich in nächster Zeit eh wenig kommen. Auf der faulen Künstlerinnenhaut liegen spielt es nicht mehr, wenn man sich an große Aufgaben heran macht. An der Menge der von dir gestellten Fragen müssen wir noch arbeiten. Gerade du als ehemalige Pädagogin solltest wissen, dass die Aufmerksamkeitsspanne bei Heranwachsenden begrenzt ist. Das gilt auch für heranwachsende Bundeskanzlerinnen. Die wichtigsten Posten sind jedenfalls schon besetzt.
Rockige Pressesprecherin: Jasmin Ehsani
Verteidigungsminister auf allen Linien: Harald Huber
Thinktankstellenbetreiberin: Heidi Boepple
Ich vergebe die Posten auf Zuruf, das erspart mühselige Auswahlverfahren, Lebensläufe sind ja oft gefälscht. Für dich wird sich auch noch eine Bezeichnung finden lassen, z. B. Geheimniskrämerallehindernisseausdemwegräumerin (Abkürzung: GKAHADWR). Du solltest auf Abruf bereit stehen. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Regierung von einem Regierungspartner, der Erfahrung mit dem Aufkündigen von Regierungen hat, aufgekündigt wird. Wenn mich der Bundespräsident dann anruft, und mich fragt, ob ich Bundeskanzlerin werden will, werde ich mich aufplustern und sagen: „Es wurde aber auch höchste Zeit, dass sie mich anrufen.“ Da werde ich nicht weiblich zögern und zaudern. Ich will eine laute Heldin sein! Denn wenn wir eines aus dieser Krise gelernt haben, dann dass die stillen Heldinnen zwar brav vor sich hin pflegen und betreuen und verkaufen, sich aber ihre Belohnung am stillen Örtchen aufzeichnen können. Überhaupt, man kann so vieles aus dieser Krise lernen. Das wünsch ich mir für dich auch.
Fühl dich gegrüßt, Zieher
CovBrief 18
Hallo Zieher!
Ich nehme deinen Hinweis zur Kenntnis. Ja, es gibt wirklich genug zu wissen, das was ich noch nicht weiß und ja, ich könnte mich in so manches Thema vertiefen.
(Wir alle wissen, dass es aber viel unterhaltsamer ist mit gut ausgestattetem Nicht-Wissen Themen in Sozialen Medien zu extemporieren und andere damit deppert zu machen. Aber gut, ich sehe mich mit dir in ein höheres Amt hineinwachsen, da geht das leider nicht mehr)
Ich habe bereits die Plakate bestellt und ein schlecht gemachtes Aufdecker-Video vorproduziert, um im richtigen Moment ein Skandälchen über dich hereinbrechen zu lassen, damit du einmal ordentliche Medienpräsenz bekommst.
Was HC kann, können wir schon lange. Und wir sehen ja: Es funktioniert!
Habe mich übrigens im sportlichen Übereifer verletzt und hoffe, dass du gesundheitlich vorzeigbar fit bist!
Gruß, Leeb
CovBrief 19
Arme Leeb,
an dir sieht man, was passiert, wenn Menschen zu viel Zeit haben: sie kommen auf blöde Ideen. Sport! Das hätte ich dir schon auszureden gewusst, hätte ich dich getroffen. Vielleicht wird es wirklich Zeit, dass wir uns wirklich wieder einmal treffen, um wirklich wichtige Themen zu bearbeiten. Allerdings muss ich langsam vorsichtig sein. Ich habe den Verdacht, dass „die da oben“ schon mitbekommen haben, dass ich Bundeskanzlerin werde. Gestern fuhr ein Polizeiauto auffallend langsam neben mir her (Big Nehammer is watching you!). Ich hab mir nichts anmerken lassen, bin weiter gegangen und habe laut vor mich hin über Wien geschimpft. Das hat die Polizisten dann offensichtlich beruhigt und sie sind weiter gefahren. Ich habe mir jetzt sicherheitshalber eine unauffällige Verkleidung zurecht gelegt, mit der du als meine Sicherheitsbeauftragte sicher einverstanden bist. Jedenfalls gebe ich mein Ziel so kurz vorm Erreichen nicht auf. Jetzt erst recht. Schone dich, Leeb, du wirst deine Kraft noch für meine Amtszeit brauchen. Welches Thema sollten wir bei einem Treffen als erstes in Angriff nehmen?
Gruß, Zieher
CovBrief 20
Liebe Zieher!
Es gibt so viele Themen, die ich mit dir besprechen möchte, ich würde gerne spontan entscheiden, in welche Richtung wir gehen.
Das ist im Moment ohnedies mein Motto. Nur nicht zu viel planen. Einfach laufen lassen. Was hat uns unsere sorgfältige Lebensplanung denn gebracht? Eben!
Für dein zukünftiges Amt gebe ich dir jetzt eine wichtige Inspiration und ToDo-Element. (Ich mache das täglich!):
Suche dir nach dem Frühstück drei Gegenstände, die nichts miteinander zu tun haben. Lege diese vor dir auf und formuliere ein kurzes Statement, in dem alle drei vorkommen. Das Statement muss druckreif, aber nicht sinnvoll sein. (Personen, die ihre gesamte Berufslaufbahn auf dieser Technik aufgebaut haben: D.Trump, X.Naidoo, M.Jeannée)
Also! Geht schon! Hier deine drei Gegenstände.
Gruß, Leeb