24. Juli 2020
Es ist immer noch ein Sommer wie früher. Das TAG-Theater hat immer noch zu. Der ORF kennt Frauen nur vom Hörensagen. Aber Zieher & Leeb lassen sich nicht verdrießen und schreiben weiter. Alle CovBriefe sind hier zu finden:
www.zieherundleeb.com
www.facebook.com/zieherleeb/
Hier sind die CovBriefe 31 – 40 zum Nachlesen.
CovBrief 31
Hey, Leeb!
Ich bin ja grad recht locker und hab viel Zeit, weshalb ich Deiner Bitte gerne nachkomme und ein paar Entscheidungen aus dem Ärmel schüttle. Auskunftsverweigerungen aller Art wird es künftig nicht mehr geben. Wer was weiß, muss es sagen. Damit habe ich endlich auch eine Handhabe Dir gegenüber, wenn ich eine neugierige Frage an Dich richte. Es kann ja nicht sein, dass Leute Geheimnisse horten und mit deren Preisgabe warten wollen bis die letzten Glocken schlagen. Wer über Millionenspenden nicht reden will, wird in Dauerschleife mit Karl Marx, Rosa Luxemburg und Thomas Piketty beschallt, bis sie freiwillig „ich halte diesen Kapitalismus nicht mehr aus“ rufen und zum Plaudern anfangen. Was die atmosphärisch aufgeladene Stimmung zwischen Justiz- und Innenministerium betrifft, da habe ich eine pädagogisch wertvolle Lösung. Die Ministerien werden gemeinsam den Sommer in den diese Jahr oft leer stehenden JUFAs in Mehrbettzimmern mit Stockbetten verbringen. Die Frage, wer oben und wer unten liegen darf, wird jeden Abend mit Hilfe abstandssichernder MediatorInnen entschieden. Das Ibiza-Video wird nicht im Untersuchungsausschuss gezeigt, sondern im ORF. Olé! Dem Sender mangelt es ja wegen der in den letzten Monaten nicht gedrehten Serien und Filme an Qualitätsware und da bietet sich das Ibiza-Video als emotional mitreißende, die Sinne verstörende Quarantäneware an. An Stelle von „Sturm der Liebe“ werden jeden Nachmittag unter dem Titel „Winde über Ibiza“ Ausschnitte aus dem mittlerweile zu 53 Stunden angewachsenen Videomaterial gezeigt. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass dies zur politischen Ernüchterung der Bevölkerung beitragen wird, was künftig in die Alkoholstatistik miteinfließen soll. Du siehst also, ich bin entscheidungsfreudig wie nie zuvor. Du könntest mich sogar zum Essengehen einladen, denn ich wäre fähig binnen fünfzehn Minuten meine Essensauswahl zu treffen. Wann hast Du Zeit?
Es grüßt dich, Zieher
CovBrief 32
Gemeinsam zum Wirtn gehen find’ ich super! Jederzeit!
Auch deine Ideen zur Veröffentlichung des Ibiza-Videos gefallen mir ausgezeichnet- ich möchte sogar so weit gehen und vorschlagen, das Video zum nationalen Kulturgut zu machen. Mit Feiertag am 18.Mai und jährlicher Übertragung am Rathausplatz! Alle im Dirndl und Lederhosn und fein angsoffn!
Einfach um es im nationalen Gedächtnis zu verankern, was bei uns alles geht, national gesehen. Weil das Nationale ist in diesen Zeiten noch schicker geworden als es eh schon war und wer möchte da nicht dabei sein?
Das wäre auch so erleichternd! Es ist doch ein irrer Kraftakt, unser schönes Österreich (Landschaft! Was sind wir stolz!) immer und immer wieder auch noch mit positivem Inhalt befüllen zu müssen („Kulturnation!“, „Kulinarik!“)
Ich denke mal gleich über eine Kampagne nach, um noch mehr reiche Ausländer ins Land zu locken. Wie wir sehen, sind in einem bestimmten politischen Klüngel gerade jene besonders beliebt! Und warum nur halb Tirol und Wiens Innenstadt verkaufen, wenn es doch so viele Orte in Österreich gibt, die man noch verscherbeln könnte.
Ich schließe mit der Frage, warum die, die am lautesten nach dem Nationalen schreien, vorn dabei sind ebendieses an den Bestbieter zu verklopfen?
Ach, jetzt ist mir gleich ein Top-Slogan eingefallen: Mozart, Sisi, Ibiza, come to lovely Austria!“
CovBrief 33
Hallo Leeb,
die letzten Tage war ich sehr beschäftigt damit alle Vorgänge rund um die Ibiza-Videos nachzuvollziehen. Bin mittlerweile schon ausgelaugt und habe den Eindruck, es handelt sich weniger um eine Soko Ibiza als um eine Soap Ibiza, bei der einer dem anderen die Augen mit Seife auszuwaschen versucht. Apropos Seifenoper: Sisi! Zuerst war ich ja skeptisch gegenüber deinen traditionalistischen Tourismusinschwungbringungsvorschlägen. Aber dann ist mir das demokratische Potenzial daran bewusst geworden. Wir sollten Sisi, Mozart, einfach alles, für die Bevölkerung zugänglicher machen. Man braucht nicht mehr adelig oder reich zu sein, um seine eigene Sisi zu werden: auch ich habe ein Krönchen, kann magersüchtig schauen und total unglücklich sein. Nur das mit dem Kokain lasse ich lieber weg, man weiß ja nie, wer einen dabei filmt. Ich möchte sogar noch einen weiteren Schritt weg vom Elite-Denken hin zur AllehabeneineChance-Gesellschaft gehen. Die vielen die Herrschaftsverhältnisse verfestigenden Vorschriften bezüglich der Länge von Ausbildungen möchte ich vereinfachen. Dieses Herumsitzen beim Lernen hat ja doch nur Dellen in der faulen Haut verursacht. Der Kanzler hat das schon vorbildlich vorgemacht. In Zukunft gilt: Wer mal einen Tag an der Universität in Cambridge war (so wie ich), hat sie absolviert. Jedem, der mal einen Tag in Oxford war (so wie ich), wird bescheinigt, dass er Oxford-Englisch spricht. Jeder, der ein Buch vier Stunden lang halten kann (so wie ich), ist zertifizierter Buchhalter. Ich sehe darin ein vielversprechendes Bildungskonzept, dass uns dank rascher Abschlüsse in internationalen Rankings besser dastehen lässt. Ganz nach dem, kurz vor Ferienbeginn sehr passenden Motto: „Lieber einfach absolvieren als viel Zeit beim Lernen verlieren“.
Gruß,
Zieher
#FakeCov #FAKEOFF
CovBrief34
Meine Güte, Zieher!
Na, Grüß Gott! Wer hätte gedacht, dass unsereins was Virales noch zu schätzen weiß, in Zeiten wie diesen?!
Ich kann dir gar nicht genug zu deinem Coup im Internetz gratulieren! Es wird zwar wurscht gewesen sein, das weißt du so gut wie alle Frauen da draußen, die glauben ihre Hobbys (also das Anstreben einer beruflichen Karriere) anderen deppert auf‘s Aug‘ drücken zu wollen, aber trotzdem! So wird man Bundeskanzlerin! Top-Medienauftritte hinlegen und immer schön das Team nah an der Fahnenstange halten. Apropos Fahne. Was habe ich mich dieser Tage über die Performance der Verteidigungsministerin gefreut. Eigentlich noch viel mehr als über den geplatzten Kragen des Kanzlers und der Erkenntnis des Finanzministers, eigentlich mit einem Tamagotchi das lästige Tagesgeschäft erledigen zu können, weil wie, zum verdammten Teufel, kann irgendjemand glauben, dass man für jede kleine Addition so einen Dreckslaptop braucht?! Eben! Ist doch super, dass das Wahlvolk rechtzeitig erkennt, wie man auf eine Frage elegant mit einer Gegenfrage antwortet und dadurch die eigene Brillianz und moralische Überlegenheit präsentiert. Daran müssen wir bei dir noch arbeiten! Aja! Bitte überleg dir noch irgendwas Volksnahes – so etwas wie: Was sind deine körperlichen Vorteile? Kannst du irgendwas mit einem lustigen Körperteil oder so.
Es grüßt dich, Koll. Leeb, im Verteidigungsmodus
CovBrief 35
Boomshakalaka, Leeb!
Da schaust du, weil das war wirklich ein Coup! Man unterschätze nie die Macht des geschriebenen Wortes. Selbst wenn ich es geplant hätte, ich hätte es nicht besser planen können. Jetzt könnte ich natürlich in gelernter weiblicher Bescheidenheit sagen: Ach, ich habe ja nur ein Posting geschrieben, das dann viral ging, das war alles nur Zufall, Glück, Bestimmung, Sommerloch, das Werk vieler, etc. Aber Schluss mit dieser falschen Bescheidenheit: ich bin wahrscheinlich derzeit die gefährlichste Frau in Österreich! Ich sehe schon, wie die Mächtigen vor mir erzittern, in banger Sorge: Hoffentlich schreibt die Zieher nicht wieder ein Posting, sonst müssten wir glatt Dinge, die falsch laufen, richtig stellen und womöglich eine unbefangene Person anstelle von Sobotka mit dem Vorsitz des Ibiza-Untersuchungsausschusses betrauen. Tja, das ist alles nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie ich das als Bundeskanzlerin angehen werde: Hinschauen – Benennen – Veränderung auf den Weg bringen. Power to the people! Let’s do it!
Mächtige Grüße,
Zieher
#FakeCov #fakeoff
CovBrief 36
Liebe Zieher!
Ich gebe zu, ich fürchte mich mittlerweile auch ein bisschen vor dir. Das kann aber nach alter österreichischer Manier prinzipiell nicht schaden, wenn die Mitarbeiterin auch einen Spundus hat. Angst löst bekanntlich Panik aus und Panik lässt das Hirn auf Hochtouren laufen und das ist ja gut für die Durchblutung. Ich denke, dass im U-Ausschuss einige Befragte noch ein bisserl unterspannt sind, panikmäßig, und ihnen dann halt diese, sagen wir mal flapsigen, Antworten rausgerutscht sind. Das kann so ganz sicher nicht „ihre Art“ gewesen sein. Schließlich wissen wir alle, dass man schon Kinder gepflegt ins Winkerl stellt, wenn diese auf Fragen mit Gegenfragen antworten. Aber wurscht! Das alles ist ja auch schon wieder so lange her, was sollen wir das noch als Ärgernis wahrnehmen. Ich auf alle Fälle stehe seit letzter Woche bei Fuß an deiner Seite, ich kann es mir nicht leisten, bei dir in Ungnade zu fallen, ich habe einiges an ausgezeichnetem Ruf zu verlieren.
Ich hoffe, du gewöhnst dich rasch an meine untertänige Schleimerei, hinter verschlossenen Türen oder in unserem SMS-Verkehr (den ich selbstverständlich immer sofort lösche) bleibe ich locker, so wie du mich kennst. Wenn es mir arbeitsmäßig einmal zu viel sein sollte und ich Ruhe brauche, lögere ich dir meine Antwort in der Kurzversion: 👍 Aber bittebitte immer alles gleich löschen! Gibt es konkrete Arbeitsaufträge für die kommende Woche?
Untertänigst, Leeb
CovBrief 37
Eifrige Leeb,
das ist natürlich sehr löblich, dass Du während der kleinen Auszeit, die ich mir gegönnt habe, angeboten hast, dringende Arbeitsaufträge zu übernehmen. Allerdings möchte ich doch den von mir eingeschlagenen Weg weiter gehen und Aufträge nur in Zusammenhang mit Kompetenz vergeben. Ich weiß, das klingt geradezu utopisch, nachdem das Konzept einer ExpertInnen-Regierung ja einer Auserwählten-Regierung weichen musste. Doch schon im Turnunterricht in der Schule hat sich oft die Schlagseite dieser Teamzusammenstellungsmethode gezeigt, wenn Sympathie und Unterwerfungswahrscheinlichkeit stärker als Können und Kunst als Auswahlkriterium herangezogen wurden. Deshalb kann ich dich ebenso wenig wie die Polizei damit beauftragen, als „CoughCop“ (auf Englisch klingt „Hustenpolizei“ doch gleich viel schöner als auf Deutsch) gesundheitsüberwachende Dienste zu leisten. Allein die Tatsache, dass du zwar recht hypochondrisch bist, jedoch meine hypochondrischen Anfälle allzu rasch mit „du hast sicher nichts“ vom Tisch wischt, beweist, dass du für das Aufspüren verdächtiger Krankheitsfälle (außer bei dir selbst) nicht geeignet bist. Ich brauche dich außerdem für andere Betätigungsfelder. Gerade deine pädagogischen Fähigkeiten werden uns noch sehr von Nutzen sein. Ich denke etwa an die Einführung eines Gedächtnistrainings auf Amtsebene. Ähnlich dem beliebten Kinderspiel „Ich packe meinen Koffer und nehme mit“ wird jeder Ministerrat mit einer Runde „Ich habe ein Amt und ich habe einen Laptop, ein Tablet, ein Handy, ein Hirn…“ beginnen. Nur so können wir dem schleichenden Kurzzeitgedächtnisschwund entgegentreten. Bitte bereite doch schon mal laminierte Arbeitsblätter dafür vor!
Es grüßt Dich,
Zieher
#FakeCov #FakeOff
CovBrief 38
Hallo Zieher!
Gut, wird gemacht – ich habe meinen pädagogischen Kasten durchstöbert und unter anderem das Foliergerät rausgekramt. Bei der Gelegenheit habe ich gleich einmal einen Taschenrechner eingeschweißt, damit man ihn auch im Schwimmbad oder an einem Badesee benützen kann. Es ist ja sehr wichtig während der Urlaubszeit das Gelernte zu wiederholen, das weiß jedes Kind! Vor allem werden es alle Kinder aus den Deutschförderklassen wissen müssen, denn diese werden ja am Ende des Sommers auch über die angehäuften Deutschkenntnisse, die sie sich während der Quarantänezeit selbständig mit dem Bildungsfernsehen angeeignet haben, geprüft werden wollen. Das ist richtig und gerecht, denn wenn schon alle anderen keine Schularbeiten mehr schreiben mussten, sollen wenigstens diese überpriviligierten, wahrscheinlich das Sozialsystem ausnützenden, in der Hängematte liegenden Gschroppen ein bisserl an die in unserem schönen Land herrschenden Leistungsansprüche herangeführt werden. Ich denke aber auch an Onlinekurse für amtierende Regierungsmitglieder zu Themen wie ‚Kommastellen richtig setzen‘, ,Wo ist die Null?‘ und ‚Kann ein Kragen platzen, wenn man gar keine Krawatten umgebunden hat?‘. Schaumermal wie das Angebot angenommen wird.
Überhaupt möchte ich, wenn du mich lässt – ich werde auf keinen Fall selbständig, sondern nur auf Weisung handeln! – das Schulsystem auf ganz andere Art und Weise reformieren. Unter uns gesprochen: Da Bildung in Österreich ja nach wie vor mehr vererbt als für alle zu erwerben ist, würde ich gleich im Kindergarten aussortieren. Wenn da ein Kind aus bildungsferner Schicht hineinstolpert, schau ich drauf, dass dieses gleich einmal in einen Betriebskindergarten eines Stahlwerks oder Schlachthofs unterkommt. Also zur Eingewöhnung in den Arbeitsprozess. Ich finde ja die herkömmliche Bezeichnung des ‘Betriebskindergartens’ irreführend, wenn die dort erst recht spielen und nicht zu leichten bis mittelschwerer Tätigkeit herangezogen werden! Also! Ich glaube, ich bin da auf einem richtigen Weg, pädagogisch, ich hoffe, es ist in deinem Sinne! Und Danke jetzt schon einmal für alles, was du für Österreich tust und getan haben wirst!
Leeb
CovBrief 39
Liebe Leeb,
die letzten Tage war ich quasi in permanenter Anspannung und konnte vor Aufregung kaum schlafen. So viele Fragen: werden sie oder werden sie nicht? Wird er oder wird er nicht? Und wenn ja, wann? Aber heute, endlich, die Gewissheit. Und nein: nicht ein Minister, nicht zwei Minister, nicht drei Minister (das ist bereits gegendert) reichten aus, um uns mitzuteilen, was wir schon vor dem Wochenende in allen Zeitungen lesen konnten. Der Bundeskanzler himself kam heim, drapierte drei Minister um sich und sagte die erlösenden Worte: Maskiert euch wieder! Das war alles so nervenaufreibend. Dagegen war dieses Kaffeekränzchen in Brüssel, wo er immer zur richtigen Zeit am richtigen Fotopunkt auftauchte, ja gar nichts. Sicher, ich werde dann in meiner Amtszeit alle Hände voll zu tun haben, die Länder mit den „ach so kaputten Systemen“ wieder zu beruhigen, ihnen sagen, er habe das alles nicht so gemeint, er wollte ja nur auffallen und sie mögen doch bitte weiter mit uns handeln, urlauben und investieren. Auch seine Erklärung, nach Österreich käme dieses Virus jetzt nur mehr von der Balkanroute aus, werde ich mit gekonnt psychologischer Expertise zurechtrücken, schließlich sei für ihn „Balkan“ ein Fülllaut zur Überbrückung von Unsicherheit wie bei uns „ähm“ oder „oder“ oder „verstehst“. Ich kenne das ja von dir: wenn du unsicher bist, fängst du zu singen an oder ziehst dich aus. Wir werden jedenfalls einiges zu tun haben, wenn ich dann das Amt übernehme. Also am besten ruhst du dich jetzt noch mal gut aus.
Es grüßt dich,
Zieher
#FakeCov #FakeOff